Samstag, 28. März 2009

Mein Brief an den Bundespräsidenten

Wie bereits angekündigt, habe ich als Reaktion auf die Rede zur Trauerfeier von Winnenden unserem werten Herrn Bundespräsidenten einen Brief geschrieben in dem ich für mehr Verständnis für die "Konsumenten von Gewaltfilmen und -spielen" bitte.

Brief an Horst Köhler bez. Amoklauf


Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

mein Name ist Konrad Huber, ich bin ein Student aus Freiburg und ich schreibe Ihnen diesen Brief als Reaktion zu Ihrer Rede bei der Trauerfeier in Winnenden.


Es geht mir hierbei um ein ganz bestimmtes Thema, nämlich um die „Gewalt“ in Filmen und Computerspielen. Zuerst möchte ich anmerken, dass ich sehr erfreut war, als Sie den ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau zitierten mit den Worten: "Wir sind ratlos und wir spüren, dass schnelle Erklärungen so wenig helfen wie schnelle Forderungen."

Als ich diese Worte hörte, hatte ich schon gehofft, dass das Thema der Mediengewalt gar nicht mehr erwähnt wird, diese Hoffnung wurde aber schnell zunichte gemacht. Ich zitiere: Zum Beispiel wissen wir doch schon lange, dass in ungezählten Filmen und Computerspielen extreme Gewalt, die Zurschaustellung zerstörter Körper und die Erniedrigung von Menschen im Vordergrund stehen. Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand, dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet? Ich finde jedenfalls: Dieser Art von "Marktentwicklung" sollte Einhalt geboten werden.“

Herr Köhler, ich gehöre zu den Leuten die hin und wieder solche Produkte gerne konsumieren. Oder zumindest einen Teil davon. Ich spiele Computerspiele, in denen geschossen wird und ich sehe mir gerne Action- und manchmal auch Horrorfilme an. Und ich habe es satt, dafür an den Pranger gestellt zu werden.

Keine 3 Tage nach dem Amoklauf von Winnenden stürzten sich Politiker und Journalisten wieder auf das allseits beliebte Thema der „Killerspiele“, bzw. eines Verbots der Selbigen. Aber anstatt sich einmal damit auseinander zu setzen, ob Tim K. vielleicht noch andere Probleme hatte, in der Schule oder zu Hause zum Beispiel, oder, dass er anscheinend eine psychiatrische Behandlung abgebrochen hat, scheint nur eine Sache wieder die volle Aufmerksamkeit der Medien und Politiker zu bekommen: Die „Killerspiele“ und „Gewaltfilme“. Und plötzlich sind sie da, die „schnellen Erklärungen“ und die „schnellen Forderungen“, genau das, wovor Ihr Vorgänger Herr Rau gewarnt hat.

Diese „Produkte“ sind sicher nicht für jedermann, aber das müssen sie auch nicht sein. Viele Menschen wünschen sich eine Welt ohne Gewalt und das ist auch sehr lobenswert, dennoch gibt es nun einmal Millionen von PC-Spielern und Film-Fans in Deutschland und viele davon verbringen ihre Freizeit gerne mit „gewalthaltigen“ Titeln. Natürlich gibt es hier, wie bei so vielen anderen Dingen auch, eine gewisse Grenze, wie viel man „konsumieren“ sollte, doch wo diese Grenze liegt muss jeder für sich selbst herausfinden.

Viele junge Leute in meinem Bekannten- und Freundeskreis sind Fans von den überall verteufelten Medien, aber keiner von ihnen ist deswegen gewalttätig. Im Gegenteil, die meisten (ich inklusive) sind sogar Kriegsdienstverweigerer, weil sie es sich nicht vorstellen könnten andere Menschen mit Waffen zu verletzen oder sogar zu töten. Nur weil man sich an fiktiver Gewalt amüsiert, muss das doch nicht gleich heißen, dass man im wirklichen Leben ein gewalttätiger Mensch ist. Als unter den Amokläufern der letzten 8 Jahre nach Gemeinsamkeiten gesucht wurde, kam natürlich raus, dass viele gerne Ego-Shooter wie z.B. Counter-Strike gespielt haben, aber eben nur weil es sich hier nun einmal um ein sehr bekanntes und beliebtes Genre bzw. Spiel handelt.

Viele stellen sich die Frage: „Warum sind solche Spiele denn so beliebt? Wie kann man denn freiwillig am Bildschirm auf Menschen schießen?“ Nun, um ehrlich zu sein, ich habe selbst keine richtige Erklärung dafür. Manche sagen das sei im Wesen der Menschen verankert, dass so viele von uns sich an Gewalt „ergötzen“. Andere sagen, es sei zum Abbau von Aggressionen. Aber egal was nun der Grund ist, eine Sache muss bedacht werden: PC-Spieler sehen keine Menschen, die am Bildschirm getötet werden müssen. Sie sehen eine Herausforderung, ein Hindernis, das es zu überwinden gilt. Denn kein Spieler oder Film-Fan, der noch bei klarem Verstand ist, sieht einen „echten“ Mord an „echten“ Menschen auf dem Bildschirm. Er sieht genau das was es ist: Ein Spiel, ein Film, kurzweilige Unterhaltung, reine Fiktion.

Iin einem so tragischen Fall wie dem von Tim K. hätte es auch nicht geholfen, wenn er nie solche Spiele gespielt, solche Filme gesehen hätte. Gewalthaltige Medien sind nie der Auslöser für Gewalttaten. Im schlimmsten Fall sind sie der sprichwörtliche letzte Tropfen in einem Fass, das von vornherein zum Bersten gefüllt war. Wenn ein Mensch sich dazu entschließt, so etwas zu tun wie Tim Kretschmann es getan hat, dann wäre es früher oder später auch ohne Zutun der Medien geschehen.

Herr Bundespräsident, ich möchte mit diesem Brief folgendes bewirken: dass Spieler und Film-Fans in Deutschland genauso behandelt werden wie jeder andere Mensch der Bundesrepublik auch, denn ihr Hobby ist genau das: ein Hobby. Genauso wie Briefmarken sammeln, Fußball spielen, Musizieren oder Sportschießen. Ich hoffe, dass auch die engstirnigsten Politiker und die provokantesten Journalisten dies eines nicht zu fernen Tages auch so sehen. So, dass wir vielleicht eher erkennen, dass Menschen wie Tim K. wirkliche Probleme haben, anstatt weiter zu suchen nach den schnellen Erklärungen und den schnellen Forderungen.


Hochachtungsvoll,

Konrad Huber

2 Kommentare:

  1. Gut geschrieben, bin mal gespannt was da als Antwort kommt, ich hoffe du erwartest keine persöhnliche antwort vom präsi :)

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  2. Ich möchte Dir auch zu Deinem gelungenen Brief gratulieren und hoffe dass Du eine Antwort bekommst.

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